Misstraut der Politik!

Die Politik hat zur Rettung des Euro die disziplinierende Kraft der Finanzmärkte außer Kraft gesetzt. Das kann sich noch rächen.

Nun ist die Aufregung groß. Der Stabilitätspakt soll aufgeweicht, pardon, „flexibilisiert“ werden. Konservative Politiker mögen dafür ihre sozialistischen Kollegen in Frankreich und Italien verantwortlich machen. Das ist zwar nicht falsch, aber auch nicht der eigentliche Grund für die Aufweichung. Dieser liegt vielmehr darin, dass die Politik zur Rettung des Euro die disziplinierende Kraft der Finanzmärkte außer Kraft gesetzt hat. An deren Stelle sollten politische Vereinbarungen treten. Doch haben diese fast noch nie die Politiker davon abgehalten, die Staatsschuld in die Höhe zu treiben.

Der Zusammenhang zwischen der von den Märkten ausgeübten Disziplin und der staatlichen Neuverschuldung ist seit Bestehen der Währungsunion zu besichtigen. Im Verlauf der ersten zehn Jahre gewannen die Anleger die Überzeugung, dass trotz des „Bailout“-Verbots des Maastricht-Vertrags kein Euroland je zahlungsunfähig werden würde. Folglich liefen die Zinsen auf Staatsanleihen der Euroländer so eng zusammen, dass auch Staaten mit notorisch hohen Budgetdefiziten und Schulden sich sehr günstig finanzieren konnten. Der Stabilitätspakt setzte dem nur schwachen Widerstand entgegen. Erst als die Anleger nach dem Platzen der globalen Kreditblase den überschuldeten Eurostaaten den Kredithahn zudrehten, begannen deren Regierungen, ihre Budgetdefizite zu verringern. Dabei ist zu beobachten, dass die Anstrengungen umso stärker waren, je mehr die Länder dem Druck der Finanzmärkte ausgesetzt waren. Vom Bankrott bedrohte kleinere Länder wie Irland, Portugal und auch Griechenland nahmen die Konsolidierung der Staatsfinanzen verhältnismäßig energisch in Angriff. Größere Länder, wie Spanien und Italien, gingen entspannter vor.

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